FIFA 23 im Test: Leiser Abschluss statt Lattenkracher

Das letzte FIFA unter EA ist je nach Plattform eine sehr gute Fußball-Simulation mit sinnvollen Neuerungen, der jedoch klar der letzte Pep, sowie der spürbare Sprung nach vorn im Vergleich zum Vorgänger fehlt.

FIFA 23 im GamePro-Test FIFA 23 im GamePro-Test

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Mit FIFA International Soccer für Sega Mega Drive hat im Jahr 1993 alles angefangen, mit FIFA 23 kommt die alljährliche Lizenzreihe unter EA zum Abschluss. Bereits zu Beginn des Jahres haben wir uns die Frage gestellt, ob wir hier ein Ende mit Schrecken erleben werden oder das krönende Finale der erfolgreichsten Partnerschaft im Gaming. 

Nachdem in den vergangenen Monaten die Neuerungen von EA häppchenweise präsentiert wurden, war bereits recht klar abzusehen, dass wir hier kein Feuerwerk an Highlights erleben. Dieser Eindruck hat sich jetzt beim Test der Vollversion auf PS5 bestätigt. FIFA 23 ist rein spielerisch eine sehr gute, wenn nicht gar die beste Fußball-Simulation von EA, deren Neuerungen jedoch teils halbgar daherkommen und bei der ihr keinen großen Sprung nach vorn im Vergleich zum Vorgänger erwarten solltet.

Wie geht es nach FIFA 23 mit der Reihe weiter? EA wird die Reihe im kommenden Jahr unter dem Titel "EA Sports FC" veröffentlichen, Einschränkungen bezüglich Lizenzen müsst ihr nicht befürchten. Die FIFA selbst, so der Plan, wird ab 2024 ein eigenes Fußballspiel auf den Markt bringen. Nähere Infos sind hierzu jedoch noch nicht bekannt.

Optisch leicht verbessert    

Bevor wir hier mit dem Kritteln und Loben anfangen, sei eines nochmal deutlich vorangestellt: Auch FIFA 23 ist für uns sowohl optisch als auch spielerisch ein ansehnliches und spaßiges Fußballspiel. Doch in unserem Test geht es um den Sprung, den die Reihe im Vergleich zum Vorgänger macht. Es geht um eine Hilfe zur Kaufentscheidung für all jene unter euch, die nicht eh jedes FIFA aufgrund aktualisierter Lizenzen kaufen.    

FIFA 23 ist auf Current-Gen ein schickes Fußball, der grafische Sprung nach vorn fehlt aber nach wie vor. FIFA 23 ist auf Current-Gen ein schickes Fußball, der grafische Sprung nach vorn fehlt aber nach wie vor.

Optisch macht die Reihe auf der Current-Gen diesmal einen kleinen Schritt nach vorn, was vor allem an verbesserten und zusätzlichen Animationen liegt. Stichwort Hypermotion 2. Die Profis gehen natürlicher in Zweikämpfe, nehmen in der Abwehr die Hände hinter den Rücken oder legen sich bei Bedarf flach wie eine Flunder hinter die Mauer. Etwas seltsam mutet lediglich die dynamische Zerstörung des Rasens durch die Spieler*innen an Wenn das Feld ab der 70. Minute überspitzt formuliert ausschaut wie der umgepflügte Maulwurfacker von Bauer Heinrich, mag das etwas zu viel des Guten sein.

Davon ab wurde weiter am Verhalten der Fans geschraubt, sodass der Jubel auf den Rängen samt Choreos noch stimmiger wirkt. Doch wie bereits im Vorgänger fehlt beim Blick in die Gesichter der Kicker der Schritt zur waschechten “Next-Gen”-Grafik, speziell im Vergleich zu einem NBA 2K23 als optische Referenz im Bereich der Sportspiele.

Die Hypermotion-Technologie erklärt: Während für frühere Ableger Schauspieler*innen und Fußballstars in Motion Capturing-Anzügen vor Greenscreens gefilmt wurden, um einzelne Bewegungen ins Spiel zu übertragen, geht es seit FIFA 22 für einige Profis ab ins Stadion. Hier werden dank Hypermotion-Technologie "normale" Fußballspiele oder einzelne Spielsituationen gefilmt und später digitalisiert bzw. in die Frostbite Engine von FIFA 23 übertragen. In diesem Jahr wurden laut EA im Vergleich zum Vorgänger doppelt so viele Daten (auch von Frauen) gewonnen, wodurch das Spiel verbesserte und neue Animationen bekommen hat.  

Nicht für Last-Gen: Sonst inhaltsgleich, wird Hypermotion samt der verbesserten KI seit der Einführung in FIFA 22 nicht auf PS4 und Xbox One unterstützt. Wenn wir im Test vom verbesserten Spielgefühl durch Animationen sprechen, beziehen wir uns rein auf die Current-Gen-Version von FIFA 23 auf PS5 und Xbox Series X. 

Spielerisch nette Neuerungen

Rein vom Spielgefühl macht FIFA 23 aktuell einen sehr guten Eindruck. Wir schreiben hier übrigens ganz bewusst “aktuell”, da wir uns ein Urteil über die Meta zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht erlauben. Auch wollen wir in Zeiten aufziehender dunkler Mächte unseren Palantir als Glaskugelersatz, was kommende (verschlimmbessernde) Patches anbelangt, nicht einsetzen. Wir hoffen, ihr habt dafür Verständnis.

Ohne uns daher im Detail zu verlieren und Bullshit-Bingo mit “die Ballphysik hat sich verbessert” zu spielen, wollen wir auf die größten Neuerungen eingehen. 

  • Neuer Powershot: Mit Druck auf L1+R1+Kreistaste zoomt das Bild jetzt leicht heran und unser Profi feuert einen strammen Schuss ab. Bislang wirkt der Powershot nicht zu übermächtig, macht Fernschüsse aber endlich wieder spaßig. Wenn der Ball wuchtig unterm Lattenkreuz einschlägt und sich das weiter verbesserte Tornetz herrlich kräuselt, dann hat das schon was. Falls ihr euch übrigens fragt, ob der letzte Satz lediglich dazu dient, um nochmal die herrliche Tornetzphysik anzusprechen. Ja, erwischt!
  • Neue Standards: Bei Freistößen bekommen wir jetzt nicht nur die Entfernung zum Tor und die Tor-Wahrscheinlichkeit grafisch ansprechend angezeigt, auch können wir bestimmen, an welcher Stelle wir den Ball treffen, um so Finesse Shots oder Knuckle-Freistöße auszuführen. Auch das Ausführen der Eckbälle wurde unserer Meinung nach sinnvoll überarbeitet.
  • Neue Elfmeter: Um den Ball am Elfmeterpunkt pulsiert nun ein kleiner werdender Kreis. Schießen wir zu dem Zeitpunkt, in dem der Kreis am kleinsten ist, hat der Schuss die höchste Genauigkeit und geht stets auf den Kasten. Insgesamt sind Elfmeter durch das neue System weit einfacher geworden. Zu einfach. Selbst mit schlechten Elferschützen treffen wir beim Druck im rechten Moment stets das Tor, da wir selbst durch langes Halten des Analog-Sticks in eine Richtung nicht mehr am Gehäuse vorbeischießen können. 

Eckstöße Bei Standards wie Eck- und Freistößen können wir jetzt den Treffpunkt am Ball bestimmen.

Elfmeter Ist der pulsierende Kreis rund um den Ball klein, hat der Schuss die höchste Genauigkeit.

Freistöße Die Distanz zum Tor und die Tor-Wahrscheinlichkeit wird jetzt angezeigt.

EA hat es in diesem Jahr geschafft, das Spielgefühl auf dem Rasen weiter zu verbessern. Große Kritikpunkte, wie beispielsweise zuletzt übermächtige Torhüter, sind uns bislang nicht aufgefallen. Das Rad wird hier nicht neu erfunden, was aber auch nicht nötig war, zumindest wenn es nach uns geht.

Die Sache mit dem Umfang zum Release

Bevor wir auf einzelne Modi genauer eingehen, lasst uns zunächst ein paar Worte zum Umfang von FIFA 23 verlieren. 

Verfolgt man das Marketing rund ums Spiel, so hat sich EA offensichtlich eine verbesserte Integration des Frauenfußballs auf die Fahne geschrieben, was rein faktisch betrachtet auch dem Ist-Zustand entspricht. Erstmals sind mit der englischen Barclays WSL und der französischen D1 Arkema zwei Frauen-Ligen im Spiel. Neben 35 Herren-Nationalmannschaften gibt es zudem 17 Frauen-Nationalteams, die Bewegungen der weiblichen Profis wurden dank Hypermotion-Aufnahmen verbessert und mit der Australierin Sam Kerr haben wir erstmals eine Frau auf dem Cover der Ultimate Edition. Auch wenn EA zu einem späteren Zeitpunkt noch weitere Ligen via Patch integrieren möchte, für Lobgesänge in diesem Bereich sind zwei Ligen schlicht zu wenig, zumal es noch nicht einmal die Frauen-Bundesliga ins Spiel geschafft hat. 

Zwar können wir Alex Popp im Dress der Nationalmannschaft spielen, jedoch nicht im Dress des Vfl Wolfsburg. Zwar können wir Alex Popp im Dress der Nationalmannschaft spielen, jedoch nicht im Dress des Vfl Wolfsburg.

Ebenfalls haben es die Männer-WM in Katar und die Frauen-Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland zum Release nicht ins Spiel geschafft. Katar 2022 können wir uns zwar als eigenes Turnier nachbauen, eine 32 Teams starke Frauen-WM mit der kleinen Auswahl an weiblichen Nationalteams allerdings nicht.   

Story, Fehlanzeige!

Einen weiteren Dämpfer in Sachen Umfang kassiert FIFA 23 beim Story-Modus, den wir auch in diesem Jahr vergeblich suchen. Selbst das nette Story-Intro aus dem Vorgänger wurde entfernt und durch ein recht schlichtes, aber hilfreiches Tutorial-Match zur Einstufung eures Könnens ersetzt. Für FIFA-Pros wird das kaum eine Rolle spielen, doch speziell für Gelegenheitsspielerinnen und Gelegenheitsspieler waren “The Journey” oder auch der kurze Ausflug nach Paris in FIFA 22 eine schöne Gelegenheit, um die eingerosteten Zockfinger ein wenig aufzuwärmen.   

FIFA 23 ist dank seiner Lizenzen und seinen zahlreichen Spielmodi von FUT über Pro Clubs bis hin zu den Karriere-Modi nach wie vor ein Umfangmonster. Doch speziell im Vergleich zum Vorgänger und mit Blick auf ältere Ableger fehlt es am frischen Highlight. Die großen Neuerungen wirken entweder halbgar umgesetzt oder befinden sich noch nicht im Spiel. 

Die alljährliche Switch-Warnung: Auch in diesem Jahr erscheint FIFA auf der Nintendo Switch zum Preis von 35 Euro lediglich in einer Legacy Edition, die im Vergleich zum Vorgänger abseits von aktualisierten Trikots, Vereinen, Kadern und der Einbindung von Frauenfußball keine nennenswerten Neuerungen bietet. Das Grundgerüst des Spiels beruht auf einer viele Jahre alten Version von FIFA. Habt das beim Kauf im Hinterkopf.  

Wenige Worte zum Karriere-Modus

Wenn wir ehrlich sind, haben wir kurz überlegt, ob wir diesen Punkt komplett aus dem Test rauslassen. Allein durch diesen Satz sollte euch bewusst sein, dass wir auch in diesem Jahr den gefühlt nötigen Neustart des Modus vergeblich gesucht haben. Wie jedes Jahr frickelt EA wie ein verzweifelter Zeugwart, dem die Politur für glänzendes Schuhwerk ausgeht, an der Karriere herum. 

Da werden “echte” Trainer wie Dortmunds Edin Terzić – der übrigens der einzige Trainer aus der Bundesliga ist – oder Jürgen Klopp integriert, die letzten Endes aber nur Skins ohne Mehrwert sind. Einziges Highlight ist hier die Integration von Ted Lasso samt den Spielern des AFC Richmond, was schon sehr cool ist. Davon ab wurde am UI herumgeschraubt, um etwas Ordnung ins Chaos zu bringen und drei neue Spieler-Persönlichkeiten eingeführt. Wir können jetzt zudem optional nur bestimmte Schlüsselszenen spielen und gefühlt war es das auch schon. 

Die fantastische Apple Plus-Serie Ted Lasso hat es ins Spiel geschafft. Die fantastische Apple Plus-Serie Ted Lasso hat es ins Spiel geschafft.

All das sind nette Kleinigkeiten, die uns jedoch nicht mehr in den Modus zurückholen. Die ganze Präsentation mit den stocksteifen Transferverhandlungen und den stummen Pressekonferenzen ist einfach wenig unterhaltsam und mittlerweile schlicht ausgelutscht. Krempelt EA den von vielen so geliebten Modus nicht komplett um, dann wird das nichts mehr mit dem Spielspaß – zumindest bei uns, die jetzt seit über zehn Jahren die Karriere spielen.

FUT wird von Jahr zu Jahr mächtiger

Es folgt der alljährliche Warnhinweis: FIFA Ultimate Team ist bis zu einem gewissen Grad Pay2Win und beinhaltet Glücksspielmechanismen. Glücksspiel kann süchtig machen und Menschen in den finanziellen Ruin treiben. Der Modus sollte daher sicher nicht wie von der USK eingestuft von Personen “ab 0 Jahren” gespielt werden. Das dazu, damit hier kein Missverständnis in Sachen Wertung des Ganzen aufkommt. Wie die rechtliche Lage in Deutschland aussieht, erfahrt ihr unter anderem im verständlich aufbereiteten YouTube-Video der Gansel Rechtsanwälte.   

Davon ab ist FUT seit vielen Jahren dank seiner verschiedenen Modi auch für viele Fans DER Grund, um sich alljährlich ein neues FIFA zum Vollpreis zu holen. Division Rivals, Einzelspieler- und Online-Drafts oder auch die Squad Building Challenges, in FUT steckt eine Menge Langzeitmotivation. Kompetitive Spieler und Spielerinnen können hier auch ohne den Einsatz von Echtgeld eine Menge Spaß haben. 

Das neue Chemies-System kommt ohne Links daher und bietet mehr Freiraum. Das neue Chemies-System kommt ohne Links daher und bietet mehr Freiraum.

In diesem Jahr kommt FUT mit zwei großen Neuerungen daher, die einen guten bis sehr guten Eindruck hinterlassen haben. Allen voran das komplett überarbeitete Chemie-System, das Spielerlinks streicht und jetzt über ein Punktesystem funktioniert und uns so mehr Möglichkeiten bei der Zusammenstellung des Teams lässt.

Auch die sogenannten FUT Moments, in denen wir Belohnungen dafür kassieren, wenn wir beispielsweise bestimmte Schlüsselmomente in der Karriere von Kylian Mbappe nachspielen, ist eine weitere schöne Ergänzung.   

Spaß in VOLTA und die heiß diskutierte Crossplay-Integration

Auch wenn der FIFA Street-Modus VOLTA nicht annähernd die Aufmerksamkeit abbekommt, wie beispielsweise FUT, so wollen wir hier nochmal klipp und klar festhalten, wie spaßig er ist. Speziell Casuals können hier auch ohne große Skills in den Partien auf kleinem Spielfeld eine verdammt gute Zeit haben. In diesem Jahr wurden zudem wieder einige neue Arcade-Minispielchen wie Basketball-Fußball ergänzt, die einfach Laune machen.

VOLTA ist weiterhin ein überaus spaßiger Modus. VOLTA ist weiterhin ein überaus spaßiger Modus.

Das letzte große Thema, das wir jedoch noch ausführlich besprechen wollen, ist die erstmalige Crossplay-Integration in der Geschichte von EAs FIFA. Crossplay in FIFA, das ist doch ganz fantastisch … oder etwa nicht?

Also ja, dass wir jetzt auf PS5, Xbox Series X/S,PC und Google Stadia plattformübergreifend zusammen spielen können, ist fantastisch. Auch ist vollkommen verständlich, dass aufgrund des veralteten technischen Grundgerüsts Käufer*innen der PS4-, Switch- und Xbox One-Versionen nicht mit der Current-Gen zusammen zocken können. Das leuchtet ein.

Bullseye Der Ball muss möglichst nah in den Mittelkreis gepasst werden.

Basketball Das Runde muss ins ...Runde. Der Ball muss in den Korb gelupft werden.

Tennis Eine schöne Runde Fußball-Tennis können wir ebenfalls spielen.

Lava Grau aufleuchtende Felder müssen wir so schnell es geht einnehmen.

Es ist jedoch nicht allzu verständlich, warum sich Crossplay nur auf 1vs.1-Matches in den verschiedenen FUT-Modi, Online-Seasons oder Online-Freundschaftsspielen beschränkt. Speziell Pro Club-Fans schauen hier zum Release weiter in die Röhre, da Koop-Crossplay laut EA wenn überhaupt erst zu einem späteren Zeitpunkt nachgereicht werden soll. 

Doch diese halbgare Umsetzung ist im Endeffekt auch sinnbildlich für viele Bereiche von FIFA 23, sei es die Integration von Frauenfußball, Crossplay, den Neuerungen in der Karriere und, und, und. Das spielerische Grundgerüst ist in diesem Jahr sehr gut und am generellen Umfang können wir nicht meckern. Doch was die echten Neuerungen anbelangt, fehlt es zum einen an einem wirklichen Highlight und zum anderen werden viele frische Sachen nur in Ansätzen umgesetzt. 

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