Pokémon-Speedrunnerin erklärt wie schwer es ist, Rekorde in Karmesin zu knacken

Auch wenn Pokémon Karmesin/Purpur nicht mehr linear sind, sind sie für Speedruns geeignet. Die deutsche Speedrunnerin Trivvaria gibt uns einen Einblick.

Wir haben mit der Speedrunnerin Trivvaria über Pokémon KarmesinPurpur gesprochen. Wir haben mit der Speedrunnerin Trivvaria über Pokémon Karmesin/Purpur gesprochen.

Die Pokémon-RPGs von Game Freak waren schon immer richtige Zeitfresser. Pokémon-Meisterin*in werden? Das geht schließlich nicht mal eben über Nacht. Wobei das so auch nicht ganz stimmt, immerhin beweisen uns Speedrunner*innen auch bei Pokémon-Spielen immer wieder, wie schnell das gelingen kann. Allerdings ist auch das kein Spaziergang, sondern verlangt Übung und Vorbereitung.

Das weiß die deutsche Speedrunnerin Trivvaria nur zu gut, die sich mit ihren gerade einmal 52 Minuten und 49 Sekunden auf den sechsten Platz in einer internationalen Karmesin/Purpur-Rangliste für ‘Pfad der Legenden’ hochgekämpft hat. In einem Interview verriet sie uns, wie sie das geschafft hat und was Speedrunning so besonders macht.

Speedrunning hat seinen ganz eigenen Reiz

Was sind Speedruns? Bei Speedruns versuchen Spieler*innen ein Spiel so schnell wie möglich durchzuspielen. Je nachdem, wie das Regelwerk in der Community oder bei Events ausfällt, dürfen auch Hilfsmittel wie spezielle Controller oder Tricks in Form von Glitches eingesetzt werden.

Trivvaria ist Mitte 20 und von dem Konzept fasziniert, seit sie vor einigen Jahren die große Speedrun-Marathonserie Games Done Quick entdeckt hat. Mit ihren eigenen ernsthaften Runs zu modernen Pokémon-Spielen startete sie aber erst letzten Juli. Mittlerweile streamt sie ihre Versuche auch auf Twitch

Speedrunning ist für sie aber nicht einfach nur ein Hobby zum Zeitvertreib, sondern reizt sie aus drei Gründen, wie sie uns erzählt: 

Die Möglichkeit, ein Spiel, das ich mag, aus einem anderen Blickwinkel neu kennenzulernen, die Möglichkeit, mich mit mir selbst und mit anderen zu messen und die Möglichkeit, mein Nischenwissen über Pokémon endlich für etwas gebrauchen zu können, was über das gelegentliche Spielen meiner alten Favoriten hinausgeht.

Karmesin/Purpur-Speedruns sind sehr divers

Speziell auf Pokémon Karmesin/Purpur bezogen ist es die große Freiheit, die Speedruns so spannend, aber auch zugänglich machen. Statt einfach auf einen Any%-Speedrun zu setzen, in dem das gesamte Spiel durchgespielt wird, ermöglichen die Editionen mit ihren drei Pfaden (Liga, Titanen, Team Star) auch drei Single Story Runs, die dadurch deutlich kürzer seien, so Trivvaria.

Die drei Hauptpfade in Karmesin und Purpur im Trailer:

Pokémon KarmesinPurpur - Neuer Trailer stellt die drei Hauptpfade der Story vor Video starten 3:21 Pokémon Karmesin/Purpur - Neuer Trailer stellt die drei Hauptpfade der Story vor

Hinzu kommt, dass keine Reihenfolge für Arenen und Quests vorgegeben wird und dass die legendären Pokémon Koraidon bzw. Miraidon viel Bewegungsfreiheit bieten. Gleichzeitig stellt die Fortbewegung auf den Reitpokémon aber aber auch eine große Herausforderung dar:

Koraidon bewegt sich am Anfang des Spiels recht langsam und springt sehr niedrig. Nur, indem die Story „Der Pfad der Legenden“ gespielt wird, erhält es z.B. die Fähigkeit zu sprinten, höher zu springen oder zu schwimmen.

Möchte man das Spiel so schnell wie möglich durchspielen, kommt es aber vor, dass man diese Story erst zu einem späteren Zeitpunkt vorantreibt, da es schneller ist, z.B. erst ein paar der Arenen oder Team Star-Lager herauszufordern.

Das führt dazu, dass wir im Speedrun die Karte für längere Abschnitte mit sehr eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten navigieren müssen. Das hat zur Folge, dass wir z.B. Sprünge, die später im Spiel sehr einfach wären, nur mit sehr präzisen Eingaben schaffen können.

Um noch mehr Zeit zu sparen, übt Trivvaria über Speicherstände besondere Tricks wie den BLJ (Backwards Long Jump), mit dem sich auch Abhänge erklimmen lassen, die eigentlich nicht dafür vorgesehen sind. Es gibt also unzählige Faktoren, auf die beachtet werden müssen, aber eben genauso viele Möglichkeiten, einen Speedrun in Karmesin/Purpur noch effizienter zu gestalten. 

Speedrunning ist eine körperliche und geistige Herausforderung

Einfach vor die Konsole setzen und losspielen reicht aber nicht aus. Ein Spiel zu speedrunnen ist eine bewusste Herausforderung, auf die sich Trivvaria vorbereitet:

Wenn ich einen neuen Speedrun erlernen möchte, schaue ich mich erstmal in der Community um. Die PSR-Community (Pokémon Speedrunning) bietet für die meisten Spiele ausführliche Anleitungen für die jeweiligen Speedruns an. Parallel zum Lesen der Anleitung schaue ich mir auch Videos von beendeten Runs an, sodass ich einen Eindruck davon bekomme, wie das, was in der Anleitung beschrieben wird, in der Praxis aussieht.

Passt das so weit, macht sie sich an den ersten Versuch – ohne die Zeit zu messen. Dabei geht es ihr erst einmal nur darum, “die Abläufe zu üben und ein Gefühl für das Gameplay zu bekommen”. Einzelne Spielstände für spezielle Stellen helfen ihr dabei. Erst später folgt ein erster Run auf Zeit, der als Grundlage dient.

Ganz wichtig ist Trivvaria dabei das Aufwärmen der Finger. “Drei Stunden Buttonmashing gehen nicht spurlos an den Gelenken vorbei, deshalb finde ich es wichtig, darauf Acht zu geben.”

Aber nicht nur der Körper, auch die Psyche stellt eine Herausforderung dar. Für Trivvaria geht es da vor allem darum, einen kühlen Kopf zu bewahren, wenn es mal nicht so gut läuft, wie sie uns verriet:

Ich merke das schnell, wenn ich zum Beispiel zunehmend Zeit verliere. Und dann ist es eigentlich wichtig, sich zusammenzureißen, damit eben nicht noch mehr Zeit verloren geht. Vor allem frustrieren mich in solchen Situationen eigene Fehler, die ich häufiger mache, oder, wenn das Spiel mir viel schlechte RNG (also Zufallsereignisse) gibt.

In eine ähnliche Kerbe schlägt auch der Konkurrenzgedanke. Zwischenzeitlich hat sie sich “wie besessen” dem Wettbewerbsgeist hingegeben und dank einer neu entwickelten Strategie sogar den Weltrekord für “Den Pfad der Legenden” in Pokémon Karmesin gebrochen. 

Dieser Rekord hielt jedoch nicht einmal drei Stunden an. Binnen kürzester Zeit gaben sich die neue Weltrekordhalter*innen dank der neuen Strategie die Klinke in die Hand. Von da an war für sie schnell klar, dass sie die Ausdauer dafür nicht besitzt und sich lieber auf ihre eigene Entwicklung konzentriert.

Mit diesen Tipps fallen euch eure ersten Speedruns leichter  

Falls euer Interesse an eigenen Speedruns geweckt wurde, haben wir hier für euch noch ein paar Tipps von Trivvaria:

  1. Seid nicht schüchtern! Die Speedrun-Community ist offen und hilfsbereit.
  2. Habt nicht von Anfang an zu hohe Erwartungen und seid nicht entmutigt, wenn es nicht direkt so gut läuft! Trivvaria erste Zeit in Let’s Go, Evoli! lag zum Beispiel bei 3:55:30 Stunden (heute Platz 103) und erst über ein halbes Jahr später bei 3:06:20 Stunden (heute Platz 16). 
  3. Gebt auf euren Körper acht! Speedrunning ist nicht per se anstrengend, aber wer drei bis fünf Stunden an einem Speedrun sitzt und dabei nicht auf seine Finger, seine Haltung und seine Bedürfnisse achtet, wird das Hobby nicht langfristig verfolgen können. Die PSR-Community ist in den vergangenen Monaten zum Beispiel verstärkt dazu übergegangen, Pausen in längeren Runs und händeschonende Turbo-Controller zu erlauben.

Wollt ihr statt eigener Speedruns lieber dabei zusehen, könnt ihr auf Trivvarias Twitch-Kanal vorbeischauen. Dort streamt sie neue Runs zu den Pokémon Let’s Go-Editionen und Karmesin. Sie hat ihr “Speedrun-Zuhause” zwar in der PSR-Community gefunden und will es vielleicht mal mit anderen Editionen wie Schwert/Schild probieren, aber auch ganz andere Spiele will sie nicht ausschließen.

Was haltet ihr von Speedruns? Habt ihr euch selber schon daran versucht oder interessiert euch dafür?

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